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Ingrid Oehlert – ein Nachruf

Wenige Wochen vor ihrem 95. Geburtstag verstarb die langjährige „rechte Hand“ des Reitmeisters Egon von Neindorff, Ingrid Oehlert,  in ihrer pfälzischen Heimat. (Foto: Familie Volkert)

Mit bewundernswerter Energie, stets positiv denkend und unerbittlich in Sachen reiterlicher Korrektheit – ihrem scharfen Auge entging nicht die kleinste Schludrigkeit den Sitz und die Hilfengebung betreffend – war Ingrid Oehlert ihren Schülern eine strenge Lehrmeisterin für die Arbeit mit den Pferden.
Nach einer Ausbildung im elterlichen Betrieb – die Familie betrieb in der Pfalz eine Textilfabrik – und einer soliden Reitausbildung an der „1. Damenreitschule Monsheim“ kam Ingrid Oehlert 1957 als geprüfte Hilfsreitlehrerin zu Egon von Neindorff. Unvergessen für viele ihrer Schüler ist die eindrucksvolle Geschichte, in der sie dort auf einem der Lehrpferde saß und sich vorkam wie ein Anfänger. Während ihr Mitreiter damals konsterniert aufgab, erwachte in ihr der Ehrgeiz …
Über viele Jahre war sie Schülerin und rechte Hand Egon von Neindorffs, begleitete den Aufbau des Karlsruher Reitinstituts zur international anerkannten Ausbildungsstätte und wirkte z. T. federführend an den Festveranstaltungen der Höheren Reitkunst mit. Eine Zeit lang tauschte sie den Sattel gegen einen Platz im Richterhäuschen, gab dies aber wieder auf. Später machte sie sich in Bayern mit Reitunterricht und der Ausbildung von Pferden selbstständig – zur damaligen Zeit als Frau und als „Reitlehrerin auf Rädern“ eine Rarität.
Wie auch für ihren Mentor, Lehrmeister und großes Vorbild, Egon von Neindorff, gab es für Ingrid Oehlert nur den einen Weg in der Reiterei: die klassische, naturorientierte Gymnastizierung des Pferdes. Gegenseitiges Vertrauen und Respekt sind der Schlüssel, Selbstdisziplin, harte Arbeit an sich selbst und immerwährendes Lernenwollen die Grundlage, ein bis ins hohe Alter fittes Pferd, das sich mit großer Ausstrahlung unter dem Sattel präsentiert, der Lohn. Der Schnellausbildung für den Sport auf Kosten des Pferdes hat sie sich immer vehement widersetzt. Die korrekte Ausbildung kostet Zeit und ordnet sich stets und ständig der Natur unter, das war ihr Credo.
Zahlreiche Artikel zum Thema aus ihrer Feder, gelegentlich unter Pseudonym, sind im Laufe langer Jahre in der Fachpresse erschienen. Das große Standardwerk von Neindorffs, „Die reine Lehre der klassischen Reitkunst“ (Cadmos-Verlag), entstand in enger Zusammenarbeit mit Ingrid Oehlert. Freunde, Weggefährten und vor allem ihre Schüler drängten sie, ihre Erfahrungen in einem Buch zusammenzufassen – daraus entstand das 2014 im Olms-Verlag in der Reihe Documenta Hippologica erschienene Reitbrevier „… und sie bewegt sich doch“.
Eine engagierte, unbeirrbare Stimme für die pferdegerechte Ausbildung ist für immer verstummt. Einige der Ritte, die wir in den letzten Tagen anlässlich der Europameisterschaft Dressur in Riesenbeck gesehen haben, hätten ihr Hoffnung gemacht.

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Den Nachruf schrieb Karin Schweiger. FEINE HILFEN sendet allen Hinterbliebenen – Angehörigen und Freunden von Ingrid Oehlert tief empfundenes Beileid.

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Category: Aktuelle Themen

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