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Selbstbewusste Pferde: Wie Motivation die Pferdepersönlichkeit stärkt

von Marlitt Wendt

Leseprobe aus FEINE HILFEN Ausgabe 22

Jeder Pferdebesitzer wünscht sich ein „motiviertes“ Pferd. Doch was genau soll das eigentlich bedeuten? Ein höchst motiviert die eigenen Interessen verfolgendes Pferd ist zumeist jedoch nicht gemeint und auf der Beliebtheitsskala vieler Reiter eher am unteren Ende anzusiedeln …

 

Jedes Pferd besitzt zu jeder Zeit eine Handlungsbereitschaft für irgendeine bestimmte Tätigkeit. Diese angestrebten Aktivitäten können sich dabei vom entspannten Dösen bis zum ausgelassenen Spiel erstrecken. Ein durchgehendes Pferd etwa ist vielleicht motiviert, der ungeschickten Reiterhand zu entgehen. Es wird aber dadurch sicher nicht zu mehr Motivation in Bezug auf seine allgemeine Leistungsbereitschaft zu bewegen sein. Motivation ist auch nicht mit einer physikalischen Messgröße wie Temperatur, Masse oder Leistung zu vergleichen. Es gibt keine einheitliche Motivationsformel, die Motivation als Ergebnis von Leistung pro Zeit oder Einfallsreichtum eines Pferdes definiert. Motivation ist vieles zugleich, sie ist die Voraussetzung für ein gelungenes Pferdetraining ebenso wie das Ergebnis eines solchen, sie kann auf ein bestimmtes Ereignis, eine konkrete Lektion ebenso bezogen sein wie auf die Gesamtheit der Zusammenarbeit von Pferd und Mensch. Motivation kann eine Handlungsbereitschaft aufgrund von physiologischen Bedürfnissen ebenso umschreiben wie Beweggründe eines Pferdes aufgrund von bestimmten Gefühlslagen.

 

Was ist Motivation?

Da es keine magische Motivationsformel gibt, die für alle Pferde und Menschen gleichermaßen gültig ist, möchte ich mich dem Phänomen in diesem Artikel von verschiedenen Seiten annähern. Beginnen wir also konkret mit einer trivial anmutenden Frage: Was motiviert das Pferd, mit uns zusammenzuarbeiten? Im lerntheoretischen Sinne wird das sichere Ausführen einer bestimmten erwünschten Verhaltensweise von der für das Pferd zu erwartenden Konsequenz gesteuert. Ein Pferd wird also erst einmal eine Handlung häufiger ausführen, wenn sich sein Verhalten bereits ein- oder mehrfach in der Vergangenheit gelohnt hat, und es wird dieses seltener zeigen, wenn sich das Verhalten nicht gelohnt oder ihm sogar geschadet hat. Der Outcome, also das, was unterm Strich für das Pferd bei einer Handlung herausspringt, bestimmt die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Pferd diese Verhaltensweise in Zukunft zeigen wird.
Die Motivation hängt also in erster Linie eng von der Bedeutung einer Verhaltensweise ab, seinem „Wert“ in Bezug auf das zu erwartende Resultat und den dadurch an diese Handlung gekoppelten positiven oder negativen Empfindungen. Pferde lernen sowohl über ihren eigenen Erfolg, also über Belohnungen und Lob, ebenso wie über das Erleben negativer Reize in den weitverbreiteten Druckstufensystemen. Der Unterschied liegt jedoch in der Art der resultierenden Motivation. Während an eine mit positiver Verstärkung erlernten Verhaltensweise positive Gefühle wie Freude gekoppelt sind, sind an einen Lernweg über negative Verstärkung eher Gefühle der Erleichterung oder Entlastung geknüpft.

 

Das große Ganze im Blick behalten

Die Konsequenz, also das Ergebnis, welches sich für das Pferd aufgrund einer bestimmten Handlung ergibt, steigert oder verringert insofern die Motivation in Bezug auf diese eine konkrete Handlung im Speziellen. Darüber hinaus hat die Gesamtsumme aller auf das Pferd einwirkenden Reize und Handlungskonsequenzen Einfluss auf die generelle Motivation des Pferdes, überhaupt mit uns zusammenzuarbeiten. Sämtliche Rahmenbedingungen, die auf das Pferd an sich und in einer bestimmten Situation einwirken, haben dabei Einfluss auf den Anreiz für unsere gemeinsame Aktivität. So hat jedes Pferd etwa ein bestimmtes Temperaturoptimum, in dem es sich besonders wohlfühlt, bestimmte andere Pferde, mit denen es gern zusammen ist, oder bestimmtes Futter, welches es gern frisst. All diese Faktoren haben Einfluss darauf, wie eine Situation empfunden wird und ob die Motivation gesteigert oder verringert wird. Es reicht also nicht, hin und wieder für eine gelungene Lektion ein Möhrenstück als Belohnung zu überreichen. Es wird dann zwar vielleicht den Trick nett vorführen, aber im Alltag dennoch eher passiv und unmotiviert bleiben. Wenn die überwiegende Mehrheit der Interaktionen zwischen Mensch und Tier geprägt ist von Druck, Stress und Konfrontation und dazu noch ungünstige Haltungsbedingungen, unpassende Ausrüstungsgegenstände und übertriebener Ehrgeiz des Reiters das Pferdeleben prägen, wird das Interesse des Pferdes an unserem Hobby sehr gering sein.
Die vorherrschenden Lebensumstände bestimmen den Grad der Bereitschaft und der Neugier, sich auf das Training einzulassen, ebenso wie die Form des Umgangs bei der Erarbeitung konkreter Lerninhalte. Als Leitsatz gilt daher: Je wohler sich das Pferd mit sich selbst, seiner Umgebung und mit uns fühlt, desto bereitwilliger wird es sich aktiv mit uns zusammen neuen Herausforderungen stellen.

 

Das große Ganze im Blick behalten

Die Konsequenz, also das Ergebnis, welches sich für das Pferd aufgrund einer bestimmten Handlung ergibt, steigert oder verringert insofern die Motivation in Bezug auf diese eine konkrete Handlung im Speziellen. Darüber hinaus hat die Gesamtsumme aller auf das Pferd einwirkenden Reize und Handlungskonsequenzen Einfluss auf die generelle Motivation des Pferdes, überhaupt mit uns zusammenzuarbeiten. Sämtliche Rahmenbedingungen, die auf das Pferd an sich und in einer bestimmten Situation einwirken, haben dabei Einfluss auf den Anreiz für unsere gemeinsame Aktivität. So hat jedes Pferd etwa ein bestimmtes Temperaturoptimum, in dem es sich besonders wohlfühlt, bestimmte andere Pferde, mit denen es gern zusammen ist, oder bestimmtes Futter, welches es gern frisst. All diese Faktoren haben Einfluss darauf, wie eine Situation empfunden wird und ob die Motivation gesteigert oder verringert wird. Es reicht also nicht, hin und wieder für eine gelungene Lektion ein Möhrenstück als Belohnung zu überreichen. Es wird dann zwar vielleicht den Trick nett vorführen, aber im Alltag dennoch eher passiv und unmotiviert bleiben. Wenn die überwiegende Mehrheit der Interaktionen zwischen Mensch und Tier geprägt ist von Druck, Stress und Konfrontation und dazu noch ungünstige Haltungsbedingungen, unpassende Ausrüstungsgegenstände und übertriebener Ehrgeiz des Reiters das Pferdeleben prägen, wird das Interesse des Pferdes an unserem Hobby sehr gering sein.
Die vorherrschenden Lebensumstände bestimmen den Grad der Bereitschaft und der Neugier, sich auf das Training einzulassen, ebenso wie die Form des Umgangs bei der Erarbeitung konkreter Lerninhalte. Als Leitsatz gilt daher: Je wohler sich das Pferd mit sich selbst, seiner Umgebung und mit uns fühlt, desto bereitwilliger wird es sich aktiv mit uns zusammen neuen Herausforderungen stellen.

 

Allgemeingültige Grundprinzipien für mehr Motivation beim Pferd

 

Eigene Begeisterung

Die Begeisterung des Menschen für eine Handlung und besonders die Liebe und Zuneigung übertragen sich direkt auf unser Pferd. Pferde spüren unsere authentische Freude am Tun sofort und lassen sich dadurch sehr gut motivieren. Schafft es der Mensch, das Lernumfeld positiv zu gestalten und sowohl eine freundliche Kommunikation zu pflegen wie auch stets die Bemühungen des Trainingspartners positiv zu verstärken, so ergibt sich für das Pferd eine große Vorhersehbarkeit. Der Grundtenor unseres Trainings ist dabei: Wir sind hier, um gemeinsam Spaß zu haben, und wir erfreuen uns dabei miteinander an unseren Erfolgen. In dieser entspannten Lernatmosphäre motivieren sich Mensch und Tier gegenseitig, da hier niemand negative Konsequenzen zu befürchten hat und Fehler oder Ungenauigkeiten uns lediglich anspornen, es zukünftig noch besser zu machen.

 

Viele Erfolgserlebnisse

Eine hohe Motivation hängt beim Pferd wie auch beim Menschen von möglichst vielen Erfolgserlebnissen ab. Der Erfolg, also das Gefühl, etwas geleistet, eine Aufgabe gelöst oder aber eine Belohnung verdient zu haben, führt zu einer häufigeren Wiederholung der Erfolg versprechenden Handlung. Das Geheimnis für eine möglichst hohe Motivation des Pferdes ist durch die kleinen Schritte auf dem Weg zu unserem angestrebten Ziel gekennzeichnet. Je kleinschrittiger eine Übung aufgebaut ist, desto häufiger können wir und unser vierbeiniger Trainingspartner bereits erreichte Erfolgserlebnisse feiern. Die kleinen Teilerfolge motivieren uns als Team und bestärken unsere Zusammenarbeit. Dabei ist es die Aufgabe des Menschen, eine Lektion schon vorher gedanklich in möglichst viele Teilschritte zu gliedern, die klein genug sind, dass unser Pferd immer wieder Erfolg haben kann und sich bei diesem Lernprozess wohlfühlt. Manchmal reicht für einen solchen unspektakulären Teilschritt schon ein nur angedeutetes Hinwenden zu einem vormals Angst einflößenden Objekt oder eine kleine Körperdrehung für ein bestätigendes Lob.
Unsere Rückmeldungen an das Pferd in Form von Lob, Belohnungen und Zuwendung stärken das Selbstbewusstsein und kommunizieren eindeutig, in welche Richtung wir unser Training entwickeln möchten. Jedes positive Verhaltensfeedback hat einen direkten Einfluss auf die Motivation der Trainingspartner auf die Qualität ihrer Zusammenarbeit.

 

Verantwortung auch mal ans Pferd abgeben

Auch Pferde brauchen das Gefühl, sowohl in ihrem Alltag als auch im Training selbstwirksam handeln zu dürfen. Sie lieben es, eigene Entscheidungen treffen zu können und Herausforderungen auf ihre ganz eigene Art zu meistern. Viel zu oft erleben Pferde in ihrem Alltagsleben massive Einschränkungen und können nicht selbstbestimmt handeln. Die meisten Entscheidungen in ihrem Leben trifft der Mensch, etwa die Zusammensetzung ihrer Stallgemeinschaft, Fütterungszeiten und Futterqualität, das Angebot an Freizeitbeschäftigungen und die Möglichkeiten, ihren Bewegungsdrang auszuleben.
Wieder ein Stück Selbstwirksamkeit zurückgeben können wir unseren Pferden neben einer möglichst naturnahen Haltungsform, in der sie ihr natürliches Verhaltensrepertoire ausleben können, zusätzlich in unserem gemeinsamen Training, indem wir dem Pferd die Freiheit zugestehen, auch selbst Entscheidungen zu treffen und Alternativverhalten zeigen zu dürfen. So können auch Pferde auf einem Spaziergang an einer Wegkreuzung mal vorgeben, in welche Richtung wir gemeinsam weitergehen, oder aber, ob wir heute auf dem Reitplatz aktiv werden möchten oder doch lieber bei einem gemeinsamen Ausritt die Umgebung erkunden wollen. Zu dieser Freiheit gehört selbstverständlich, auch mal „Nein“ sagen zu dürfen und lieber mit seinen Freunden den Nachmittag auf der Weide zu verbringen. Hier ist dann unsere Kreativität gefragt, welchen Anreiz wir bieten können, doch mit uns zusammen etwas unternehmen zu wollen, also nach dem Motto: „Motivier dein Tier!“
Das Pferd erlebt so, dass es eine Wahlfreiheit besitzt, dass sein eigenes Verhalten eine Wirkung im Zusammensein mit dem Menschen entfalten kann. Die Motivation des Pferdes kann sich nur entwickeln, wenn wir mehr über seine Bedürfnisse und Wünsche erfahren, indem wir ihm den nötigen Handlungsspielraum eröffnen, wo es seine Ideen und kreativen Verhaltensalternativen ausprobieren darf.

 

Sonderrolle Futterbelohnung

Anerkennung und Lob kann auf viele unterschiedliche Arten ausgedrückt werden. So geben sowohl das Stimmlob als auch sanfte Berührungen dem Pferd wichtige Impulse und können den Lernprozess aktiv beeinflussen. Futterbelohnungen haben im Vergleich zu vielen anderen Belohnungsformen einige große Vorteile und spielen damit eine Sonderrolle in Bezug auf effektives Training mit positiver Verstärkung und der Erhöhung der Motivation.
Futter stillt das primäre, natürliche Bedürfnis des Pferdes nach Nahrung im Allgemeinen und je nach Auswahl der Leckerlis auch nach besonders schmackhaften Gaumenfreuden. Ein Futterlob hat somit eine hohe Bedeutung für jedes Pferd und muss nicht erst, wie etwa das Verstehen des Stimmlobs, eigens erlernt werden. Zudem hat in mundgerechte Häppchen zerteiltes Futter den Vorteil, dass es mit einem Happs im Pferdemaul verschwunden und abgeschluckt ist. So kann der Trainer sehr punktgenau und effektiv eine positive Rückmeldung für ein ausgeführtes Verhalten geben. Kraulen als Lob benötigt beispielsweise meist viel mehr Zeit, damit es vom Pferd wirklich als angenehm eingestuft wird und genossen werden kann. Das Belohnungsleckerli kann dagegen direkt auf das erwünschte zu trainierende Verhalten angeboten werden und das Pferd kann ohne großen Zeitverlust bereit für den nächsten Teilschritt der Aufgabenstellung sein. Bei der Auswahl der Belohnung ist außerdem wichtig, die Lobanreize an der Komplexität und am Schwierigkeitsgrad für das Pferd zu orientieren. Dabei ist die Wertigkeit des Futters eine wichtige Stellschraube für ein effektives Pferdetraining. Während es für schon gut gelernte, körperlich wenig anspruchsvolle Aufgaben wie etwa das Hufegeben eines erfahrenen Reitpferdes vielleicht ausreicht, getrocknete Hagebutten als Belohnung zu wählen, kann die Motivation in anspruchsvollen oder stressigen Situationen wie dem Verladen eines angespannten Pferdes auf einem Turnierplatz eine höhere Wertigkeit der Leckerlis wie etwa durch Apfelstückchen oder Hafer erfordern. Was in welcher Situation als motivationssteigernde Futterbelohnung empfunden wird, ist von den individuellen Vorlieben des jeweiligen Pferdes abhängig.

 

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Foto: Cornelia Ranz

Den gesamten Artikel lesen Sie im Heft!

 

Category: Aktuelle Themen

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