So läuft nichts mehr schief im Schritt
VON AGNES TROSSE UND ALEXANDRA NOPPENEY +++ LESEPROBE aus Feine Hilfen 28 +++
Der Schritt ist einerseits die langsamste Gangart des Pferdes, dabei aber auch die störanfälligste und somit unter dem Reiter vielleicht die schwierigste. Die ersten Übungen, die FEINE HILFEN-Autorin und Ausbilderin Agnes Trosse mit neuen Schülern durchführt, dienen deshalb meist dem Verständnis für den Bewegungsablauf und die Störanfälligkeit des Schritts. Sie stellt hier die wichtigsten Punkte zur Erarbeitung eines guten Schritts vor. Ihre Trainerkollegin Alexandra Noppeney erklärt außerdem, was einen qualitativ guten Schritt ausmacht und wie man ihn noch weiter verbessert.
Pferde möchten immer alles richtig machen Die Krux ist nur, dass sie häufig nicht verstehen, was wir Reiter möchten. Reiter wiederum meinen es eigentlich – davon gehe ich aus – immer gut mit ihrem Pferd und möchten es korrekt trainieren. Häufig fehlt es
einfach an den richtigen Tipps, um einen gefühlvollen Sitz zu entwickeln, der es dem Pferd erlaubt, sich frei zu bewegen. Es ist für uns nur natürlich, dass wir als Menschen alles im Griff haben möchten. Der Pferderücken lässt einen gelösten und taktreinen Schritt sowie einen lockeren Pferderücken allerdings nur zu, wenn wir als Menschen lernen loszulassen. Das gilt für unsere Hände genauso wie für unseren restlichen Körper und unseren Geist. Ein schiebendes Becken, zu viel oder zu wenig Körperspannung,
heruntergedrückte, offene oder wippende Hände, Ängste sowie unklare oder ohne Konzept eingesetzte Hilfen mit Körper und Gerte oder Sporen muss man sich aus Sicht des Pferdes vorstellen wie eine Zwangsbeschallung mit schlecht sitzendem Rucksack – damit gerät man ständig aus dem Gleichgewicht. Pferde sind nicht dickfellig, sondern resigniert, wenn sie schließlich nicht mehr so fein reagieren, wie wir uns das wünschen: Eine Untersuchung von Pathologin Dr. Lydia Tong für das australische Fernsehen zeigt sogar, dass die Haut von Pferden offenbar dünner als die von Menschen und mit einer höheren Anzahl von Schmerzrezeptoren besetzt ist.
Bitte nicht stören!
Im Unterricht gilt es also erst einmal, ein Verständnis für die Bewegung des Pferdes zu wecken, damit der Reiter sich in dessen Bewegung einfühlen und es dadurch in der Bewegung nicht nur nicht stört, sondern auch unterstützen kann. Am besten funktioniert das, wenn der Mensch keine Eigenbewegung mehr machen kann. Dafür gibt es bestimmte Übungen, die es dem Reiter erschweren, mit dem Becken zu stark einzuwirken, und die ihm erlauben, die Bewegung des Pferderückens zu erspüren und abzuspeichern.
Weitere Übungen kann ich als Trainer einsetzen, um z. B. ein Hohlkreuz oder einen Buckel zu korrigieren. Auch diese Sitzfehler beeinflussen den Schritt stark und können für eine völlige Verspannung des Pferdes sorgen. Hält der Reiter sich am Zügel fest, kann das Pferd sich ebenso wenig entspannen und ein korrekter Schritt wird unmöglich. Zügelunabhängig und relativ neutral sitzen sind die beiden obersten Ziele für den Reiter, wenn er den Schritt nicht negativ beeinflussen möchte. Im weiteren Verlauf muss der Reiter lernen, wann welches Bein in der Bewegung abfußt. Nur wenn er das verinnerlicht hat, kann er der Bewegung mit der Hüfte besser folgen und später gezielt einwirken, und nur wenn er weiß, wann er sie einsetzen muss, macht die treibende Hilfe Sinn.
Das ist gerade im Schritt eigentlich relativ leicht zu erlernen und verbessert die Einwirkung des Reiters und die Losgelassenheit des Pferdes sofort. Stören wir den Schritt nicht, kann das Pferd sich entspannter bewegen und macht schneller seinen Rücken frei.
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Category: Besondere Themen