Leserbrief zum Artikel „Quo vadis, Neindorff-Institut?“
Feine Hilfen-Chefredakteurin Claudia Weingand nahm zwei Reitstunden am Egon-von-Neindorff-Institut in Karlsruhe. Der Erfahrungsbericht ist in Ausgabe 4 erschienen. Anja Maria Landmann ist seit einem Jahr Schülerin am Institut und hat uns einen Leserbrief geschrieben:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe den Artikel über die Egon-von-Neindorff-Stiftung in Ihrer aktuellen Ausgabe Dezember/Januar/Februar gelesen und nehme wie folgt Stellung:
Ich bin seit Januar 2013 Schülerin am Egon-von-Neindorff-Institut und bin hauptsächlich bei Herrn Axel Schmidt als Reitlehrer. Als ich im Januar zum ersten Mal auf Empfehlung zum Institut kam, sah ich mir erst eine Gruppenstunde an und vereinbarte dann mit Herrn Schmidt die erste Einzelstunde, die einige Tage später stattfand. Nachdem ich erst im Juli 2012 zum ersten Mal auf einem Pferd sass und eine sehr ängstliche Reiterin war, habe ich erfahren, wie genau ein Reitlehrer auf die eigenen Ängste und das bisher vorhandene Können eingehen kann. Herr Schmidt war jederzeit an meiner Seite und hat mir sofort Hilfestellung geben können. Nach einigen Einzelstunden konnte ich in der Gruppenstunde mitreiten, was ich jetzt regelmäßig seit April tue und zwar auf dem Pferd Unais. Was hier über Unais festgestellt wird, ist einfach unglaublich und zeugt nicht gerade von fundiertem Fachwissen. Der relativ schlecht bemuskelte Rücken kommt daher, dass Unais als Zuchtstute gebraucht wurde. Sehen Sie sich eine Frau an, die in kurzer Zeit einige Kinder bekommen hat, sie hat keine durchaus bemuskelte Figur. Wovon lebt sonst die Schönheitschirurgie für Menschen mit Straffungen, Fettabsaugungen, etc. Gott sei Dank gibt es diese Möglichkeit für Tiere noch nicht. Der Sattel hat eine gute Passform, es existieren keine Druckstellen, die auf Satteldruck in irgendeiner Weise schließen lassen. Wir Menschen schützen doch auch unsere Knochen mit allen möglichen Mitteln, um uns Gutes zu tun und keine Schmerzen zu haben. Wie gut, dass es die Möglichkeit des Stoffpolsters gibt, um dem Pferd Schmerzen beim Reiten zu ersparen. Ebenso wird bemängelt, dass Unais ein angeblich fein ausgebildetes Schulpferd ist, bei dem aber die Hilfestellungen zu stark gegeben werden müssen. Hier kann ich aus eigener Erfahrung sagen, wer viele Hilfestellungen bei Unais benötigt, um sie in Gang zu bringen, kann einfach nicht reiten. Wenn man sich als Schülerin ausgibt, die A- und L-Dressur reiten kann – zwar ohneTurnierambitionen- sollte man gerade bei einem Pferd wie Unais mit ganz sanften Hilfen klar kommen. Dass Herr Schmidt beiläufig die Schulpferde zuweist, ist eine Behauptung, die so nicht stehen gelassen werden kann. Er überlegt sich im Vorhinein schon sehr genau aufgrund der Angaben bei der Anmeldung, welches Pferd er zuweist. Daher ist eine lange Überlegung dann nicht mehr notwendig, wenn der Schüler kommt. Dies spricht aus der Erfahrung und genauen Überlegung eines Reitlehrers und hat nichts mit beiläufigen Zuweisungen zu tun. Wenn Herr Schmidt im Unterricht kurze Anweisungen gibt, ist dies sehr angenehm, da sofort die Hilfen kommen und sofort jeder Reiter weiss, was er wann zu tun hat, um das Pferd optimal zu reiten. Wenn eine A- bis L-Dressurreiterin immer noch nicht weiß, wann sie treiben muss, fehlt vielleicht doch etwas Fachwissen und Erfahrung, oder es wurden einfach falsche Angaben gemacht. Hier wäre es vielleicht besser gewesen, sein Können ehrlich darzustellen, um dann die entsprechenden Hilfen zu bekommen. Ich kann nur als Reitanfängerin sagen, ich habe mich als solche vorgestellt und bekomme so genaue Angaben, dass ich ungeheuer viele Fortschritte im Jahr 2013 machen konnte. Wie tief Hände gehalten werden sollen und wann nachgegeben werden soll, ist zum einen eine Erfahrungssache, die auch von einer A- bis L-Dressurreiterin erwartet werden kann, ansonsten kann man dies auch entsprechend erfühlen, wenn man in die Bewegung des Pferdes eingeht. Von den Stürzen der Reiterin habe ich selbst erfahren, da ich mit ihr auch in den Gruppenstunden reite. Es handelte sich nach ihren eigenen Angaben um eigene Reitfehler. Wenn Herr Schmidt kommentiert: “Davon hat keiner was gesagt.“ Ist doch völlig klar, was hiermit ausgedrückt werden soll. Wer hat nicht schon selbst mal einen Spruch losgelassen, dessen Bedeutung aber auch einfach klar ist und nicht wörtlich zu nehmen ist. Davon kann sich keiner freisprechen. Natürlich hat Herr Schmidt nachgefragt, ob etwas passiert sei. Die Reiterin hat sich freiwillig entschieden, wieder in den Sattel zu steigen. Dass sie dann ein zweites Mal absteigt, war wohl kaum beabsichtigt. Nachdem Herr Schmidt sich auch hier gekümmert hat, meinte die Reiterin, sie wolle nicht mehr mitreiten – also auch eine freie Entscheidung der Schülerin. Jedem Schüler steht es frei, die Stunde mitzureiten oder auch aufzugeben und das Pferd in den Stall zu bringen. Der Reitlehrer ist ein Reitlehrer und nicht für alle Entscheidungen der Schüler verantwortlich. Ich habe auch in 2 anderen Reitställen Unterricht gehabt. Von einem durchschnittlichen Reitunterricht kann weder bei Herrn Schmidt noch bei Herrn Dietrich jemals die Rede sein. Es ist aber einfacher, die Fehler beim Reitlehrer zu suchen, als mit sich selbst ehrlich ins Gericht zu gehen.
Die Paddocks sind ausreichend groß für Pferde dieser Größe, die im Institut untergebracht sind – bitte hier im Tierschutzgesetz nachlesen. Ebenso erhalten die Pferde so viel Bewegung durch permanente Schulstunden, Voltigieren, Longenstunden, qualifizierten Beritt etc. durch Herrn Schmidt und Herrn Dietrich, ich bin überzeugt, dass manches private Pferd nicht in gleichem Umfang diese Bewegung bekommt, sondern durchaus auch Stehtage hat, die im Institut allerdings nicht existieren. Dass Herr Dietrich voraussetzt, wie eine A- bis L-Dressurreiterin treiben soll, ist doch wohl selbstverständlich, das weiß ich jetzt sogar schon als Anfängerin mit gerade 16 Monaten Reiterfahrung. Wenn Reiterei nicht kommentiert wird wie z.B. beim beschriebenen Zirkelreiten, ist alles in Ordnung, das weiß man, wenn man schon einige Zeit reitet. Dass die Fragemöglichkeit an Herrn Dietrich schlecht ist, kann ich nicht bestätigen. Man hat doch eine Stimme und kann Herrn Dietrich direkt ansprechen, der sofort jede Frage ausführlich beantwortet. Es ist richtig, dass man als Schülerin zu einer solch renommierten Einrichtung mit einer gewissen Erwartungshaltung kommt, die meiner Ansicht nach auch in vollem Umfang jederzeit erfüllt wird. Jedoch erspart es dem Reiter nicht, sich ehrlich mit seinen Kenntnisse vorzustellen, hart an sich zu arbeiten, auch ehrliche Kritik einzustecken und Fehler zu verbessern und möglichst zu vermeiden, damit man sich verbessern kann und die Richtlinien der klassischen Reitkunst, die an diesem Institut gelehrt werden, erfüllen kann oder sich zumindest annähern kann.
Zum Interview mit Frau Simms kommentiere ich folgendermaßen:
Hier muss ich einfach sagen, ich finde es unglaublich, ein solches Interview ohne das Kennen der Hintergründe abzudrucken und die Reitlehrer, vor allem Herrn Schmidt, in einem solch schlechten Licht dastehen zu lassen. Jeder der weiss, warum Frau Simms heute nach immerhin 26 Jahren nicht mehr im Institut ist, liest das Interview mit völlig anderen Augen. Es ist doch offensichtlich, mit welchem Hass und auch andererseits mit welcher Wehmut Frau Simms über das von-Neindorff-Institut berichtet. Auch anhand von Berichten von Reitschülern, die Herrn von Neindorff persönlich kannten, wird deutlich, dass auch ein Herr von Neindorff nicht in der Reithalle stand, um zu unterrichten, sondern in dem Räumchen sass, aus dem auch die Musik kommt, und von dort Unterricht gegeben hat. Stürze vom Pferd gehörten hier fast zur Tagesordnung. Auch wenn ich die
Leistung eines Egon von Neindorff in keinster Weise schmälern möchte, so halte ich doch eine solche Glorifizierung für nicht angebracht. Eine Tatsachendarstellung wäre doch die ehrlichere Variante. Wenn davon gesprochen wird, dass der Unterricht sehr theorielastig ist, kann ich nicht gleichzeitig feststellen, dass altes Wissen verloren geht, hier steckt wohl doch einiges an Unlogik dahinter, oder nicht? Gerade die Theorie wird oft mit Zitaten Herrn von Neindorffs untermauert. Wenn behauptet wird, dass Herrn Schmidt die Nähe zu Egon von Neindorff fehlt, ist hier wieder zu wenig Hintergrundwissen vorhanden. Herr Schmidt hat als Erwachsener – nicht als Jugendlicher – ein Praktikum gemacht, wurde von Herrn von Neindorff angehalten, die Ausbildung als Pferdewirtschaftsmeister zu machen und hat viele Jahre von ihm direkt Unterricht bekommen und setzt dies in sehr direkter Weise um. Das Institut hat zwar eine ehrwürdige Geschichte, jedoch glaube ich, dass von diesen Ausbildern, sowohl von Herrn Dietrich und auch von Herrn Schmidt, größter Wert darauf gelegt wird, diese Geschichte und das Wissen in der entsprechenden Weise zu vermitteln. Wenn dies von einigen Menschen nicht anerkannt werden kann, sollte man sich über die Gründe hierfür Gedanken machen. Dass vorgeschlagen wird, dass Herrn Schmidt sozusagen ausgetauscht werden soll, spricht für den Hass einer Frau Simms gegen das von Neindorff-Institut. Wenn sie mitteilt, dass ca. 10 Jahre Erfahrung des von-Neindorff-Wissens nötig sind, um die Gesinnung zu erfassen, sollte sie den Mitarbeitern auch diese Zeit geben, um sich entsprechend entwickeln zu können. Sie selbst hat diese Gesinnung in ihrem Interview wohl kaum dargestellt und das nach 26 Jahren in der von-Neindorff-Stiftung.
Abschließend möchte ich nur anmerken, bei aller Pressefreiheit sollten doch auch gerade in renommierten Zeitschriften, Büchern, etc. genau recherchierte, fundierte, und auf wahren Hintergründen beruhende Tatsachen dargestellt werden. Wenn ich Interviews abdrucken möchte, sollte ich fairerweise beide Seiten anhören und beide Interviews abdrucken. Ich finde, hier sollte die Redaktion sich nochmals die Mühe machen, mit Herrn Schmidt und Herrn Dietrich einen Termin zu vereinbaren, die Interviews durchzuführen und wahrheitsgetreu in der nächsten Ausgabe abzudrucken. Dies halte ich nur für fair und es würde für ein Miteinander im Sinne eines Egon von Neindorff sprechen. Gerade bei Reitern wird doch immer auf ein faires Miteinander geachtet, das auch geprägt ist von Respekt und Hochachtung den Pferden gegenüber und auch den Mitreitern gegenüber.“
Antwort Claudia Weingand:
Liebe Frau Landmann,
vielen Dank für Ihre Stellungnahme. Schön, dass Sie im Institut zufrieden sind und sich gut aufgehoben fühlen!
Wer als neuer Reitschüler mit gewissen Erwartungen eine Institution besucht, wird erstmal mit vielen Eindrücken konfrontiert. In meinem Fall waren das viele positive, aber auch einige, die mich weniger begeistert haben. Der Erfahrungsbericht schildert aber nur meine persönliche Sicht an einem bestimmten Tag, wie der Leser an der Ich-Form erkennt.
Oft habe ich Eindrücke unkommentiert gelassen; dass Herr Schmidt kurz und knapp korrigiert, ist beispielsweise nicht per se negativ. Wer vor allem praktisch reiten und Hilfen fix umsetzen möchte, ist damit gut bedient. Wenn ein neuer Schüler ans Institut kommen möchte, der lieber ausführliche Erklärungen und ganz genaue Anleitungen braucht, weiß er nach dem Lesen, dass er nicht unbedingt eine Gruppenstunde buchen sollte, sondern eine Einzelstunde.
Was Ihre Anmerkung angeht, jeder Reiter auf A-L-Niveau wüsste, wie man richtig treibt oder die Hand hält: Ich muss Sie leider enttäuschen. Es gibt Grand-Prix-Reiter, die bisher nicht gelernt haben, wie man feine Hilfen wirklich fein abgestimmt auf die Fußung des Pferdes gibt. Viele gute Reiter, die bisher wenig Kontakt zur klassischen Reitkunst hatten, wissen NICHT, wie man treibt. Auch über die Höhe der Handhaltung gibt es viele Diskussionen. Selbst erstklassige Reiter sind sich nicht einig, wo die Hand wann am besten einwirkt. Zudem ist es immer gut, beim Schüler erstmal nichts vorauszusetzen und dann zu schauen, was er tatsächlich kann. L-Dressur reiten (auch Turniere) mit falscher Hilfengebung und schlechtem Körpergefühl ist leider sehr wohl möglich (ich empfehle den Besuch eines örtlichen Turniers). Klar, ich hätte genauer nachfragen können. Aber ich wollte einfach mal schauen, was die Lehrer von sich aus erklären. Nichtsdestotrotz haben Sie hoffentlich nicht überlesen, dass ich viele Dinge gut fand und viel für mich mitnehmen konnte.
Frau Simms ist eine langjährige Mitarbeiterin und Schülerin von Egon von Neindorff gewesen und somit eine gute Zeitzeugin. Ihre Wahrnehmung deckt sich offensichtich nicht mit der der heutigen Institutsleitung. Sie haben daher völlig recht, dass Herr Schmidt und Herr Dietrich Gelegenheit haben sollten, ihre Sicht der Dinge zu schildern. Diese bekommen Sie nun endlich auch: Ich werde nochmal ans Institut fahren und ein Interview zumindest mit Herrn Schmidt führen, das in der nächstmöglichen Ausgabe erscheinen soll.
Herzliche Grüße,
Claudia Weingand
Category: Aktuelle Themen