banner ad

Ist Dominanztraining artgerecht?

shutterstock_112252850

Ein Tritt und die Fronten sind geklärt. Pferde brauchen kein stundenlanges Dominanztraining.

Der Mensch ist Chef. Wann immer es um Pferdeerziehung geht, ist schnell von Dominanz und dem alltäglichen Kampf um die Rangordnung die Rede.  Damit das Pferd nicht auf die Idee kommt, den „Chefstatus“ des Menschen anzuzweifeln, macht dieser Dominanztraining. Er baut Druck auf und gibt nach, wenn das Pferd in seinen Augen richtig reagiert. Tut es das nicht, verstärkt er den Druck.
Das Pferd lernt, dass die unangenehme Einwirkung erst verschwindet, wenn es tut, was der Mensch möchte. In der Lernpsychologie heißt das negative Vestärkung. Konsequent und sensibel angewandt muss das Druck-Nachgeben-Prinzip nichts Schlechtes sein, solange das Pferd keine Angst bekommt und genügend Erfolgserlebnisse hat. Für ungeübte Menschen dürfte aber schwer zu erkennen sein, wann das Pferd tatsächlich  unter kontraproduktiven Stress gerät.
Erklärt, fast schon entschuldigt, werden verschiedene Dominanztrainings-Methoden gern damit, dass Pferde miteinander ebenso umgehen. Es gäbe feste Regeln in der Herde, die befolgt werden müssten, sonst knallt´s. So natürlich die Theorie vom Dominanztraining klingt – sie orientiert sich nicht an neuesten verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnissen. Pferde üben keine halbe Stunde Druck aufeinander auf: Kein Herdenchef jagt seine „Untegebenen“ im Kreis um sich herum, damit sie sich ihm zuwenden. Pferde legen die Rangfolge situationsbedingt fest, dann kehrt wieder Ruhe ein. Auch Tiere, die als rangniedrig gelten, dürfen in die Nähe der „Chefs“. Auch Pferde schließen übringens Freundschaften, in denen sie sich gegenseitig deutlich mehr erlauben als anderen Herdenmitgliedern. Die Frage ist, was wir wollen – einen Untergebenen oder einen Partner?

Was meinen Sie? Ist Dominanztraining pferdegerecht?

 

Video und Artikel zum Thema:

Linda Parelli unterrichtet einen Schüler

Artikel über Dominanztraining

Verhaltensbiologin Marlitt Wendt über Dominanz

 

Am 5. April 2015 veröffentlichte Verhaltensbiologin Marlitt Wendt einen weiteren interessanten Blogbeitrag:

„Kaum ein Reiter kommt an ihm vorbei, dem Mythos um den sagenumwobenen Leithengst. Ausgehend von der Annahme, dass es in jeder Pferdeherde einen Leithengst gäbe, der als eine Art Herrscher und Beschützer die Geschicke der Gruppe leitet, orientieren sich viele Pferdetrainer an diesem Bild, um zu erklären, warum auch der Mensch diese Chefposition übernehmen soll. Erst wenn der Mensch als Alphatier bzw. Führungspersönlichkeit anerkannt wird, soll angeblich ein fügsames, unkompliziertes Pferd folgen. Nun hat sich in der wissenschaftlichen Forschung herausgestellt, dass es den Leithengst so gar nicht gibt. Jede Pferdegruppe ist ein stark individualisierter Verband, in dem jedes einzelne Tier seine Aufgaben hat und bestimmte Rollen einnimmt. Es wurde etwa nachgewiesen, dass durchaus auch Stuten Führungsrollen übernehmen und dass es je nach Situation, Jahreszeit, Motivation und vielen anderen für uns unsichtbaren Gründen mehr mal das eine mal das andere Pferd die Rolle des Anführers übernimmt, die man früher vereinfacht lediglich dem Leithengst zugeordnet hat. Sogar Jungpferde können dabei in bestimmten Situationen solche Aufgaben wie die Erkundung neuer Areale oder die Absicherung der Gruppe übernehmen.“

Den ganzen Artikel finden Sie unter: www.pferdsein.de

Tags: , , , , , , ,

Category: Besondere Themen

Comments (5)

Trackback URL | Comments RSS Feed

  1. Hallo
    Diese „These“, das Pferde andere Pferde nicht im Kreis rum jagen Stimmt wohl. In den wenigsten Fällen gehen Pferde dazu in einen Round Pen 😉 Wer nun aber glaubt ( und da bezweifle ich diese neusten Erkenntnisse ) das Pferde um ihren Rang klar zu machen, keine anderen Pferde scheuchen, der ist auf dem Holzweg. Selbstverständlich machen sie das! Wer das noch nicht gesehen hat, verbringt zu viel Zeit am Schreibtisch und zu wenig bei Pferden.

    Der Mensch hat ein kleines Problem und das ist seine Geschwindigkeit und Ausdauer…sonst würde man dem Pferd wohl auch hinterher laufen aber dafür gibt es den besagten „Kreis“ im Round Pen.
    Leider werden hier aus Unkenntnis sehr viele Fehler gemacht und kontraproduktiv gearbeitet. Den meisten möchte ich deswegen raten…lasst es sein.
    Die Arbeit im Round Pen hat nichts aber auch gar nichts mit jagen zu tun.
    Es ist ein kontrolliertes Bewegen mit viel Feingefühl.

    Zum Video von Linda
    Eine sehr schlechte Reklame für das System von Parelli.
    Die Übung ist aus dem Level 1 und sollte von Linda eigentlich beherrscht werden.
    Leider lässt sie sich von Emotionen leiten und schießt voll über’s Ziel hinaus.
    Traurig 🙁

    Zu den Freundschaften
    Yepp, da wundert man sich manchmal was trotz Rangunterschied erlaubt wird.
    Das trifft aber auch zu, wenn der beste Freund den anderen weg beißt oder nicht in den Unterstand lässt.

    Pferdetraining hat nichts mit Micky Mouse zu tun.
    Wer ein liebes Pferdchen hat, der ist viel entspannter wie jemand, der ein Pferd hat, das den Rang immer wieder in Frage stellt.
    Letztere müssen sehr konsequent geführt werden. Ihnen kann man den Spielraum des lieben Ponys nicht zugestehen.

    Oft habe ich den Satz „der / die ist sehr dominant“ gehört.
    Das waren Pferde, die in der Herde oder im Umgang nicht einfach waren.
    Wird der Ausdruck jedoch auf einen Menschen bezogen, dann ist er sofort extrem Negativ gewertet.
    Unsere Pferde haben alle 4 Beine aber jedes hat seinen eigenen Charakter, seine eigene Persönlichkeit.
    Wer in der Lage ist das zu erkennen, kann / muss sich seinem Pferd entsprechend verhalten.

    Alles Gute
    Lothar

  2. Magdalena Krink sagt:

    Auch ich halte diese Schwarz-Weiß-Malerei zum Thema Dominanz für übertrieben. Wenn ich ein Pferd noch nicht gut kenne oder es sich mir gegenüber respekt- und distanzlos verhält, setzte ich die Regeln unsere Miteinanders strenger und umfangreicher um, als mit meinen Pferden, die ich seit Jahren kenne. Meine Pferde dürfen mich überholen, sie dürfen sich mal an mir schubbern, wenn ihnen der Kopf juckt und meine Stute darf beim Ausritten mit Halsring auch mal ins Graß beißen.
    Sie reagieren in solchen Situationen aber auch sensibel auf kleine Korrekturen. Viele „Fehlverhalten“ des Alltags werden unauffällig korregiert, andere einfach ignoriert.

    Es gibt allerdings Grundregeln die immer gelten und bei denen es auch keine Ausnehmen gibt. Die vier Hufe gehören auf den Boden, solange ich nichts anderes signalisiere, Schnappen, Drohen, Rempeln etc sind tabu. Grundsatzregeln sind insbesondere bei jungen und „Problempferden“ wichtig und es sollte ohne Verzögerung Sanktionen folgen, sollten sich die Pferde darüber hinweg setzten.

    Mögen andere es als respektlos betrachten, wenn mein Pferd beim Ausritt nen saftigen Bissen nimmt, ich kann es ihr nicht verübeln und freue mich, dass sie mich immer sicher nach Hause trägt.

  3. Sarah August sagt:

    Ich bin der Meinung, dass diese Art, mit dem Pferd zu trainieren absolut nicht artgerecht
    ist. Denn wer dominiert, der unterwirft und stellt sich über das Pferd.
    Die Führung sollte der Mensch übernehmen, wenn das Pferd unsicher ist,
    denn so lernt das Pferd, dass es dem Menschen in bedrohlichen Situationen
    bedingungslos und vollkommen Vertrauen kann.
    Durch negative Verstärkung lernt das Pferd nur, dass es seinem Instinkt nicht nachgeben
    darf, wodurch noch mehr Stress entsteht, bis der irgendwann raus muss und es knallt.
    Nur wenn der Mensch respektiert wird, weil er sich als gerechtes Leittier erweist,
    bei dem es sich lohnt, ihm zu folgen und ihm Vertrauen zu schenken, wird das Pferd
    motiviert und mit Spaß mitarbeiten. Anders kann man keine Partnerschaft mit dem Pferd eingehen.

Leave a Reply