Spektakulär statt fair: Über Pferdetraining vor laufender Kamera
Wenn das Pferd nicht möchte wie der Besitzer, suche dieser sich professionelle Hilfe. Dieser Grundsatz ist nicht falsch. Wie sinnvoll ist es aber, ein spektakuläres TV-Event aus der Pferdekorrektur zu machen? Vor allem, wenn diese nur am Pferd ansetzt und nicht am Reiter? Profitieren Pferd und Besitzer von einem Training nach Drehbuch? Wir haben Pferdeausbilder und Feine Hilfen- Autoren nach ihrer Meinung zum VOX-Format „Die Pferdeprofis“ gefragt.
Interview mit Kirsti Ludwig
Feine Hilfen: Wie gefällt Ihnen die Sendung „Die Pferdeprofis“ auf VOX?
Kirsti Ludwig: Ich habe mir die Sendung ganz ehrlich anfangs einmal angesehen und jetzt einmal um mir nochmal ein Bild machen zu können, ansonsten spare ich mir das…
Feine Hilfen: Wer profitiert von einem TV-Format wie den Pferdeprofis?
Ludwig: Spontane Antwort: Hoffentlich wenigstens der Sender und die Pferdeprofis selbst…Vielleicht ist sie für ein paar Zuschauer ein spannender Zeitvertreib.
Feine Hilfen: Kann eine Sendung eine realistische Ausbildungsarbeit widerspiegeln?
Ludwig: Meines Erachtens lässt sich das, was ein Sender wie VOX will. nämlich Quote, nicht in Einklang bringen mit seriöser Pferdeausbildung. Erstens steht dem der Zeitfaktor im Wege: Um Probleme zu korrigieren braucht es mitunter Monate, wenn nicht Jahre. Zweitens fehlt der Sensationsfaktor: Seriöse Pferdeausbildung ist auf den ersten Blick eher „langweilig“ und unspektakulär, weil in kleinen logischen Schritten mit viel Zeit vorgegangen wird…Das würde sich die „Pferdeprofi“ Zielgruppe wohl eher nicht ansehen…Ich glaube aber, dass man das Niveau des Formats mit der richtigen Beratung etwas anheben könnte, indem man etwa zuerst checkt, ob ein Steiger vielleicht Schmerzen hat und auf sinnvolle Gymnastizierung statt schneller Korrektur setzt.
Feine Hilfen: Würden Sie selbst als Trainer ein solches Format unterstützen? Warum/warum nicht?
Ludwig: Ich würde so etwas sowieso nie machen, in dieser Form schon gleich dreimal nicht….weil aus meiner Sicht Quotenfernsehen und fundierte seriöse Pferdeausbildung nicht zusammengeht. Eine aus meiner Sicht sinnvolle Idee wäre, einem renommierten Trainer ein (Problem-) Pferd ein Jahr auf den Hof zu stellen und diese Entwicklung wöchentlich zu dokumentieren, dafür gibt es aber wahrscheinlich kein Publikum im Fernsehen.
Feine Hilfen: Sind die Tipps der Profis aus Ihrer Sicht hilfreich? Sehen Sie eine Gefahr, wenn Zuschauer bei ihren Pferden die Tipps umsetzen? Wenn ja, warum?
Ludwig: Aus meinen obigen Antworten geht meine Meinung hervor, und ich denke es muss zum Wohle von Mensch und Tier dazu aufgerufen werden, sich die Sendung sehr sehr kritisch anzusehen und ernsthaft zu hinterfragen. Bei den meisten Dingen würde ich, wie die Pferdeprofis selbst immer wieder anmerken, dazu raten, das Gezeigte nicht nachzumachen und sich lieber an seriöse Ausbilder zu wenden.
Kirsti Ludwig lebt mit ihrer Familie am Starnberger See. Auf Islandpferden hat sie im Alter von sieben Jahren mit dem Reiten begonnen. Ihr Interesse galt zunehmend auch der klassischen Reiterei und sie bildete sich sowohl bei Islandpferdetrainer Gereon Wimmer als auch bei Klassikausbilderin Natalie Huttarsch regelmäßig fort. Das Wissen und die Erfahrung aus beiden Sparten wendet sie bei der Ausbildung ihrer Berittpferde und Reitschüler an.
Interview mit Kathrin Brunner-Schwer
Feine Hilfen: Wie gefällt Ihnen die Sendung „Die Pferdeprofis“ auf VOX?
Kathrin Brunner-Schwer: Gar nicht.
Feine Hilfen: Wer profitiert von einem TV-Format wie den Pferdeprofis?
Brunner-Schwer: Nur der Sender. es gibt jede Menge Productplacement.
Feine Hilfen: Kann eine Sendung eine realistische Ausbildungsarbeit widerspiegeln? Wie gelingt das aus Ihrer Sicht bei den „Pferdeprofis“?
Brunner-Schwer: Niemals. Jedes Pferd ist ein Individuum. Wenn die „Pferdeprofis“ gewisse Problematiken als beispielhaft darstellen, ist das unverantwortlich und fahrlässig. Ich lehne die TV-Reihe ab.
Feine Hilfen: Würden Sie selbst als Trainer ein solches Format unterstützen? Warum/warum nicht?
Brunner-Schwer: Ein solches TV-Format würde ich niemals unterstützen. Gründe siehe oben.
Feine Hilfen: Sind die Tipps der Profis aus Ihrer Sicht hilfreich?
Brunner-Schwer: Nein. Herr Hackl sagt zwar am Anfang der neusten Folge ein paar kluge Dinge. Allerdings entzieht es sich meinem Verständnis, warum man einen 16-jährigen Traber, der noch nie geritten wurde nun mit Natural Horsemanship zum Reitpferd umschulen will. Das Ergebnis ist am Ende mehr als deutlich zu sehen: Der ehemals wunderschöne, aufmerksame Braune ist zu einem deprimierten, durchtrittigen, gebrochenen Cowboypferd geworden. Zu Frau Schneider möchte ich lieber nichts sagen.
Feine Hilfen: Sehen Sie eine Gefahr, wenn Zuschauer bei ihren Pferden die Tipps umsetzen? Wenn ja, warum?
Brunner-Schwer: „Die Pferdeprofis“ sollten ein Dauerinsert haben: „Bitte nicht nachmachen“.
Kathrin Brunner-Schwer lebt mit drei Pferden und einem kleinen Esel in der Nähe von Karlsruhe. Sie arbeitet als freie Journalistin fürs Fernsehen und einige Printmedien. In diesem Jahr (2014) startet sie ein ganz persönliches Pferdeprojekt: Das Einreiten ihrer selbst gezogenen Luso-Arab-Stute rein nach Nuno Oliveira und absichtlich ohne Hilfestellung von außen.
Interview mit Sylvia Czarnecki
Feine Hilfen: Wie gefällt Ihnen die Sendung „Die Pferdeprofis“ auf VOX?
Sylvia Czarnecki: Hier von Gefallen zu sprechen ist vielleicht zu viel gesagt. Ich schaue diese Sendung tatsächlich nur, weil man offensichtlich nicht Drumherum kommt und von Schülern und Bekannten darauf angesprochen wird. Ansonsten entspricht die Umsetzung nicht meiner Ausbildungsphilosophie und ich gehöre wohl auch eher nicht zur Zielgruppe.
Feine Hilfen: Wer profitiert von einem TV-Format wie den Pferdeprofis?
Czarnecki: Hauptsächlich der Sender und die mitwirkenden Trainer.
Feine Hilfen: Kann eine Sendung eine realistische Ausbildungsarbeit widerspiegeln? Wie gelingt das aus Ihrer Sicht bei den „Pferdeprofis“?
Czarnecki: Grundsätzlich halte ich das für möglich. Es gibt schließlich genügend Videomaterial (kostenlos online oder zum Kauf), welches genau das tut: die Arbeit eines Trainers binnen kurzer Zeit repräsentativ zu dokumentieren. Diese Aufnahmen richten sich dann allerdings an auswählende Käufer und nicht an ein „Millionenpublikum“ ohne Fachkenntnisse. Bei den „Pferdeprofis“ wirkt es teilweise so, als müsse die Arbeit für die Zuschauer möglichst spektakulär sein, damit die Sendung einen entsprechenden Unterhaltungswert aufweist. Beide Trainer sagen von sich, pferdefreundlich und fair zu arbeiten. Zwar wird hier gerne mit blumigen und amüsanten Umschreibungen der Pferde gearbeitet, fachlich stellt sich hier jedoch oft ein anderes Bild dar. Meinem Anspruch an pferdegerechtes Training entspricht diese Arbeit nicht. Zwar habe ich als Trainer für das Training mit positiver Verstärkung sicherlich einen deutlich höheren Anspruch, doch auch gemessen an anderen konventionellen Trainern, finde ich die Arbeit oft fragwürdig und keinesfalls, wie auf der VOX Website umworben, stets pferdefreundlich und fair. Nun darf man nicht vergessen, dass die Arbeit mehrerer Stunden oder sogar Wochen in wenigen Minuten zusammengefasst wird und sich somit auch nur ein oberflächliches Bild ergibt. Trotzdem hat man als mitwirkender Trainer sicherlich die Möglichkeit, Einfluss auf die Außenwirkung zu nehmen, um sich realistisch darzustellen. Mir bleibt dabei nur zu hoffen, dass beide Trainer „hinter der Kamera“ anders arbeiten und zu Gunsten des Marketingfaktors und der Einschaltquoten eine gewisse Ambivalenz zugelassen haben. Ob also ohne Kamera auch so gearbeitet würde, kann ich nicht beurteilen.
Feine Hilfen: Würden Sie selbst als Trainer ein solches Format unterstützen? Warum/warum nicht?
Czarnecki: Gutes Training ist unspektakulär und für den Laien oft eher „langweilig“ und würde damit sicher nicht Massenkonform sein. Für das Fernsehen müssen, sowohl in der Produktion als auch in der Ausstrahlung, enge zeitliche Vorgaben eingehalten werden. Training unter Zeitdruck geht immer zu Lasten des Pferdes. Ich würde allenfalls einer fachlichen Dokumentation zustimmen, bei der ich bzgl. Zusammenschnitt, Moderation und Darstellung zumindest das vorletzte Wort habe.
Feine Hilfen: Sind die Tipps der Profis aus Ihrer Sicht hilfreich?
Czarnecki: Ich glaube nicht, dass hier in erster Linie Fachpublikum angesprochen werden soll, von daher gehe ich davon aus, dass man mehr unterhaltend denn hilfreich tätig sein möchte. Möglicherweise nimmt trotzdem der eine oder andere Zuschauer einen Denkanstoß mit. Ansonsten ist die Darstellung eher klischeehaft und es entsteht für mich ein verzerrtes Bild der Realität. Wer bei dem heutigen Stand der Wissenschaft und Pferdeethologie noch davon spricht, dass Pferde „stur und bockig“ sind (Zitat von der VOX-Website) und somit das Recht einräumt, dies mit Druck oder Strafe zu quittieren, der geht eindeutig nicht mit der Zeit. Es verführt dazu, Probleme korrigieren zu wollen, ohne die Ursache zu beseitigen. Damit tut man der Entwicklung in Richtung pferdeorientiertes Training keinen Gefallen, sondern legitimiert weiterhin Druck als „Allheilmittel“, der von unerfahrenen Zuschauern am Pferd angewandt schnell in Gewalt mündet. Dabei sorgt der Reitsport in den letzten Jahren gerade damit für negative Schlagzeilen. Positiv zu werten ist sicherlich, dass zumindest ab einem gewissen Punkt auch medizinischer oder fachlicher Rat eingeholt wird. Wünschenswert wäre, dies jedoch vorab zu tun, insbesondere wenn die Fälle so schwerwiegend und langanhaltend sind, wie sie in der Sendung dargestellt werden.
Feine Hilfen: Sehen Sie eine Gefahr, wenn Zuschauer bei ihren Pferden die Tipps umsetzen? Wenn ja, warum?
Czarnecki: Mein Menschenverstand und meine Erfahrung als Trainerin untersagen es mir, bei einem solchen Format tatsächlich umsetzbare Tipps für den Pferdebesitzer zu erwarten. Was ich jedoch erwarten würde ist, dass die Vorbildfunktion der Trainer hier ernster genommen wird. Es kann nicht sein, dass Profis sich ohne Kappe und Schutzkleidung auf „Problempferde“ schwingen, auch nicht, wenn Sie zuvor darauf hinweisen, dass man dies nicht nachmachen solle. Hier sehe ich, wenn schon die Trainer selbst nicht dazu beitragen, vor allen Dingen auch den Sender in der Pflicht. Dieser reagierte im Übrigen nicht auf schriftlich gestellte Kritik diesbezüglich.
Ein ernsthaftes Problem in der Umsetzung der Sendung sehe ich darin, dass fast ausschließlich das Pferd „korrigiert“ wird. Dabei sind die meisten der Probleme ganz offensichtlich dem Umgang mit dem Menschen geschuldet, sofern Sie nicht auf gesundheitlichen Ursachen beruhen. Es müsste also vor allen Dingen der Mensch im Umgang mit dem Pferd geschult werden. Sonst wird sich in Kürze ein ähnliches Bild bieten – in der Regel ist dann nochmals eine Verschlimmerung des Problems zu erwarten, wenn es erneut auftritt und die ursprünglichen Methoden erneut versagen.
Viele der gezeigten Ausbildungsschritte sind darüber hinaus sehr riskant. Wie gefährlich dies sein kann, wurde ja bereits in der letzten Staffel deutlich, bei der Herr Hackl schwer von einem schlagenden Pferd getreten wurde. Hier wird bewusst mit Druck über die Reizschwelle des Pferdes hinweggearbeitet. Wann immer dies geschieht, wird es für den Menschen gefährlich, da das Pferd hier nicht angeleitet wird, sich richtig zu verhalten, sondern vor allen Dingen das Fehlverhalten zu unterlassen. Je nach Empfindlichkeit des Pferdes wird es also seine eigenen Interessen vertreten und sich zur Wehr setzen. Es bekommt keine Möglichkeit zu lernen, sondern verfällt in instinktiv gesteuertes Verhalten. Dann hat man als Mensch nur noch die Möglichkeit, mit mehr Druck zu reagieren, bis das Pferd sich fügt. Dies ist ein großes Problem der konventionellen Ausbildungsmethoden (womit ich nicht sagen möchte, dass konventionelles Training grundsätzlich „schlecht“ ist …). In der Sendung landen häufig Pferde, bei denen genau diese Methodik dazu geführt hat, dass sie die Zusammenarbeit verweigern und sogar gefährlich werden.
Schade ist, dass bei deren „Umschulung“ häufig auch wieder auf Druck zurückgegriffen wird. Mit „Methode und Timing“ sind diese Fälle dann zwar zumindest oberflächlich korrigiert und die Pferde werden für Ihre Besitzer wieder händelbar, doch im Sinne des Pferdes war eine solche Korrektur dann nicht. Genau da sehe ich auch die Gefahr und das Potential für positives Training. Wer glaubt, dass sich Probleme damit lösen lassen, dass man Druck nur „richtig“ platzieren muss, der landet häufig früher oder später genau dort, wo er herkam und hat möglicherweise erst dann auch genügend Leidensdruck, ernsthaft nach Alternativen zu suchen.
Im Leben von Sylvia Czarnecki spielten Pferde schon immer eine wichtige Rolle. Bereits früh stellte sie fest, dass für sie nicht der sportliche Nutzen des Pferdes, sondern ein partnerschaftliches Miteinander zwischen Pferd und Mensch im Vordergrund steht. So begann Sie, sich mit alternativen Trainingskonzepten auseinander zu setzen und den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf freiwillige Mitarbeit des Pferdes zu legen. Ihr eigenes Konzept “Best Behavior Horsetraining” steht für höflichen und respektvollen Umgang miteinander unter Berücksichtigung des natürlichen Lernverhaltens des Pferdes. Sylvia Czarnecki lebt und unterrichtet im Raum NRW und gibt deutschlandweit und im angrenzenden Ausland Kurse und Seminare zu unterschiedlichen Themen, vorrangig jedoch im Bereich positive Verstärkung und Zirkuslektionen.
Auf Ihrer Seite www.motionclick.de führt sie außerdem einen Blog zum Thema Ausbildung und Umgang.
Sylvia Czarnecki ist Autorin von “It’s Showtime – Zirkuslektionen: Lernspaß für Pferd und Mensch.
Interview mit Dr. Ulrike Thiel
Feine Hilfen: Wie gefällt Ihnen die Sendung “Die Pferdeprofis” auf VOX?
Ulrike Thiel: Als ich sie zum ersten Mal gesehen habe, habe ich einige Folgen sofort aufgenommen um einzelne Szenen als Triggerfilme zur Diskussion in meinen eigenen Kursen zu verwenden um vor allem Negativbeispiele zur Hand zu haben, wie man NICHT vorgehen sollte und WARUM. Es werden in einer sehr simplifizierten Art und Weise „einfache Lösungen“ für Probleme angeboten, die nichts mit pferdegerechter professioneller Arbeit zu tun haben. Nie wird gute Ursachenforschung betrieben und es wird prinzipiell nur an den Symptomen herumgedoktort. Das bedeutet meist, dass nicht an der Beteiligung des Reiters gearbeitet wird: An seinem Sitz, seiner Hilfengebung, seinem Verständnis für das, was da passiert und auch an den häufig fehlenden theoretischen und praktischen Grundlagen wird so gut wie NIE gearbeitet. Darüberhinaus können die Hauptdarsteller kaum als „positive Modelle“ angesehen werden. Weder für Sicherheitsaspekte, noch für pferdegerechte Arbeit, noch für sinnvolles Umgehen mit den Besitzern. Gerade im respektvollen systematischen Untersuchen und Erklären der Ursachen und Motivieren der Reiter, an sich selbst zu arbeiten läge ja die sinnvolle Arbeit. Ebenso in unspektakulärem schrittweisen Arbeiten. Das ist aber nicht mediengerecht.
Feine Hilfen: Wer profitiert von einem TV-Format wie den Pferdeprofis?
Thiel: Sicherlich der Sender, wahrscheinlich auch die Hauptdarsteller. Die Pferde und die zusehenden Reiter, die Tipps haben wollen, wohl nicht.
Feine Hilfen: Kann eine Sendung eine realistische Ausbildungsarbeit widerspiegeln? Wie gelingt das aus Ihrer Sicht bei den “Pferdeprofis”?
Thiel: Man könnte sicherlich gute Sendungen zu diesem Thema machen, aber die wären dann wohl nicht so einschaltintensiv. Es gab schon etliche Beispiele für gute und schlechte Sendungen zum Thema Psychotherapie oder Beratung . Ebenso kann man das auch bei diesem Thema sehen. Da es ein ziemlich langer Prozess ist, bei einem Pferd sinnvolle und pferdegerechte Korrekturarbeit zu leisten, wäre es wahrscheinlich zu teuer mit entsprechend vielen Aufnahmen einen Film zusammen zu schneiden, der s professionell korrekt aber auch interessant genug für den Laien wäre. Der möchte ja lieber VORHER-NACHHER-Sensationsabbildungen sehen und sich davon leicht auszuprobierende Tips holen…
Feine Hilfen: Würden Sie selbst als Trainer ein solches Format unterstützen? Warum/warum nicht?
Thiel: Nein, da ein solches Format die Anforderungen an professionelle, ethisch verantwortungsvolle und pferdegerechte Arbeit kaum garantieren könnte. Ich könnte mir schon Formate vorstellen, die dem gerecht werden könnten, aber die wären nur für eine kleinere interessierte Zielgruppe geeignet. Das würde daher kein gewinnorientierter Sender machen wollen. Vor allem müsste man dann auch Reiter finden, die bereit wären, ihren eigenen Lehrprozess öffentlich zu machen. Da das ein sehr schwieriger konfrontierender Prozess ist, ist er auch in vielen Fällen nicht dazu geeignet.
Feine Hilfen: Sind die Tipps der Profis aus Ihrer Sicht hilfreich?
Thiel: Die allermeisten nicht, da sie entweder nur Symptombestreitung betreiben oder manchmal echt gefährlich sind. Reiter, die Hilfe benötigen, sollten sich die bei einem echten Profi suchen, der vor allem daran interessiert ist dem Pferd und ihnen langfristig zu helfen. Er sollte genaue Ursachenforschung (auch unter Hinzuziehung etwa eines Tierarztes) betreiben, über alle Konsequenzen der gemeinsamen Korrekturarbeit aufklären und vor allem den Reiter selbst in die Verantwortung zur Lösung der auftretenden Probleme nehmen. Das ist zwar am Anfang sehr konfrontierend, aber die einzige und vor allem befriedigende Art weiter zu kommen und diese Mühe lohnt sich dann echt, weil das Zusammenspiel zwischen Reiter und Pferd dadurch viel schöner werden kann. Positiv in der Sendung ist, dass zumindest manchmal auch nach dem Equipment gesehen wird und auch schon mal ein Tierarzt, Physiotherpaut oder Osteopat dazugeholt wird (leider nicht immer wo nötig).
Feine Hilfen: Sehen Sie eine Gefahr, wenn Zuschauer bei ihren Pferden die Tipps umsetzen? Wenn ja, warum?
Thiel: Da gäbe es pro Folge einige ganze Listen von kritischen bis gefährlichen Situationen zu erstellen, die man so weder vormachen noch zum Nachmachen empfehlen sollte. Etliche davon kann ich sehr gut in der Ausbildung meiner Schüler verwenden um ihnen klar zu machen: SO NIEMALS ! Womit sich der Kreis wieder schließen würde…
Dr. Ulrike Thiel ist Psychologin, diplomierte Sportlehrerin, Reittherapeutin, Reit- und Voltigiertrainerin, Richterin und erfolgreiche Buchautorin. In ihrem Institut HippoCampus bildet sie Pferde, Reiter und Equitherapeuten nach klassischen Grundsätzen aus. Als Xenophon-Trainerin setzt sie sich aktiv für pferdefreundliches Reiten ein.
Bernd Hackl und Sandra Schneider haben wir von diesen Interviews berichtet und um Stellungnahme gebeten.
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